Unsere Story

Die ersten Jahre: 1962 bis 1973

Die Geschichte unserer Ferienlager hat ihre Anfänge im Jahr 1962: Der damals 27-jährige Pfarrer Friedrich Enste wollte seiner Messdienertruppe mit einer besonderen Unternehmung für die großartige Unterstützung danken.

So ging es für die Jungs im Sommer 1963 mit Zelten bewaffnet auf den Sportplatz im Bilsteintal – ganz in der Nähe des Elternhauses des gebürtigen Warsteiners. Die Fahrt war ein voller Erfolg, allerdings mit einem kleinen Nachteil: Kochen konnte niemand!

Schon bei der nächsten Fahrt ein Jahr später 1964 waren Mütter zur Unterstützung dabei und bekochten die Truppe in einem Bauwagen. So ließ es sich gut leben! Ausflugsziel war dieses Mal die Wiese vor der Kulturhöhle „Hohler Stein“ im Lörmecketal. Außerdem gab es in diesem Jahr auch das erste Lager für Mädchen – damals noch unvorstellbar ein gemeinsames Ferienlager zu veranstalten.

Die folgenden Jahre gab es viele Fahrten – Jungen und Mädchen aus den Dortmunder Gemeinden Sankt Anna und Sankt Meinolfus waren mit dabei. Da es mittlerweile bis zu 40 Personen je Lager waren, stellte sich ab 1967 unweigerlich die Frage nach einem Bus. Es gab sogar ein Angebot einen Bus für 800 DM zu kaufen. So viel Geld? Nicht mit Pfarrer Enste! Nach kurzer Kalkulation stand fest: Lieber einen Bulli für 400 DM kaufen und öfter fahren – ein Stückchen kann schließlich auch jeder laufen. Dies war die Geburtsstunde der Bulli-Ära sowie des Pendels – für jeden Warstein-Fahrer ein fester Begriff.

Immer nur ins Sauerland? Ab 1968 fanden zusätzlich Fahrten in die wunderschöne Schweiz statt. Entweder mit dem neu erstandenen Bulli oder auch mal mit der Eisenbahn!

1969 merkte Pfarrer Enste: Einen Träger für die Fahrten brauchen wir eigentlich nicht. Das können wir selbst kostengünstiger und dazu noch mit besserem Essen! So fand noch im selben Jahr das erste eigene Lager mit insgesamt 213 Mädchen, Jungs und Küchenmüttern statt. Dieses Mal ging‘s nach Oeventrup: Mädchen in die Schützenhalle und Jungs wie gewohnt in mehr schlecht als recht aufgebauten Zelten. Zum Essen kamen alle zusammen.

Schon bald wurde klar: Hier entsteht etwas ganz Großes!

Es entstand eine Begeisterung fürs gemeinsame Singen und Beisammensein sowie eine Gemeinschaft durchs gegenseitige Helfen geprägt. Dies ging auch abseits der Fahrten ins Gemeindeleben über. Pfarrer Enste merkte, welche Chance diese Fahrten bieten etwas nachhaltig zu verändern.

 

Das eigene Haus: 1973 bis 1983

Die alte Jugendherberge im Bilsteintal in Warstein suchte einen neuen Pächter: Wer wäre da besser geeignet als der gebürtige Warsteiner Pfarrer Friedrich Enste, der seit mittlerweile über 10 Jahren Fahrten in genau diese Gegend machte.

Allerdings gab es noch einiges zu tun. Die Jugendherberge konnte in diesem Zustand nicht genutzt werden. Das Gebäude war quasi ein Rohbau, es gab Gasöfen, alles war aus Holz – statt eines Treppenhauses gab es eine Leiter in die oberen Stockwerke!

Alles sanieren zu lassen würde jede Menge Geld kosten. Das geht auch günstiger! 2 Jahre lang waren jedes Wochenende fleißige Helferlein am Haus. Dadurch, dass alles in Eigenleistung gemacht wurde, waren es letztendlich nur die Materialkosten, die aufgebracht werden mussten.

Dann war es so weit: Die Epoche der Lager in die alte Jugendherberge konnte starten. Diese war geprägt von einer familiären Atmosphäre. Im Aufenthaltsraum gab es einen offenen Kamin, der zu der ein oder anderen geselligen Runde einlud. Für das leibliche Wohl sorgten die Küchenmütter. Sie trugen durch ihre herzliche Art viel zu den einzigartigen Lagern bei.

1974 wurde der inzwischen 39-jährige Pfarrer Krankhausseelsorger. Sterben, Krankheit, Elend waren nun immer präsent. Die Freizeiten mit Kindern und Jugendlichen voller Leben, Spaß und Freude waren hier ein guter Ausgleich.

Durch den berufsethischen Unterricht in Krankenpflegeschulen sowie den Religionsunterricht in der Realschule, entstand Kontakt zu älteren Schülern und jungen Erwachsenen. Auch diese ließen sich für Fahrten übers Wochenende begeistern. Es gab unzählige nicht enden wollende Gesprächsrunden. Gut, dass man jetzt eine eigene Jugendhergebe hatte – so konnte angeregt bis tief in die Nacht diskutiert werden.

1974 gab es außerdem erstmals ein gemeinsames Lager für Mädchen und Jungs: Damals etwas ganz Besonderes! Es war nun endlich möglich EINE Gemeinschaft zu werden.

Bis 1983 wurden regelmäßig einmal im Jahr Lager in der alten Jugendherberge veranstaltet – und natürlich noch die allseits beliebten Wochenenden!

 

Neue Wege: 1983 bis 2001

Im Jahr 1983 änderte sich vieles: Pfarrer Friedrich Enste war nun in der Gemeinde St. Meinolfus in Dortmund-Wambel tätig. Zur etwa gleichen Zeit suchte die Stadt Warstein einen geeigneten Pächter für das Haus Viktoria im Bilsteintal – quasi direkt neben der alten Jugendherberge.

Zwei Häuser? Wieso nicht! Pfarrer Friedrich Enste war dabei. So richtig kennen gelernt hat er dieses Haus allerdings erst später. Durch die intensive Arbeit in der neuen Gemeinde musste er viel zwischen den Lagern in Warstein und der Gemeinde St. Meinolfus in Dortmund hin- und herpendeln. Die Lager aufzugeben war allerdings nie eine Option. Mittlerweile wusste er: „Das läuft in Warstein – auch wenn ich mal nicht da bin!“

So vergingen die Jahre. Bald kamen ein Osterlager, ein Herbstlager und ein Pfingstlager dazu.

Und wieso nicht auch an Neujahr für ein paar Tage fahren? Zum Sternsingen am 6. Januar ging es regelmäßig für einige Kinder für ein paar Stunden zurück nach Dortmund. Aber danach schnell wieder zurück ins Lager! Niemand wollte dort etwas verpassen.

Besonders wichtig waren für Pfarrer Friedrich Enste die Fahrten über das Zeugniswochenende zum Halbjahreswechsel in der Schule, die den Kindern neue Kraft und Motivation für das kommende Halbjahr gegeben haben.

Im Jahr 2001 fand schließlich das letzte Lager in der alten Jugendherberge statt. Von nun an ging es immer ins Haus Viktoria.

 

Pfarrer Friedrich Enste im Ruhestand: 2006-2020

Seit 2006 ist Pfarrer Friedrich Enste i.R. offiziell pensioniert – was ihn natürlich noch längst nicht davon abhält sich weiter für die Menschen in der Gemeinde und für die Lager in Warstein einzusetzen.

Im Gegenteil! Nun hat er die Zeit sich endlich noch mehr einzubringen bei den Fahrten. Und wer freut sich nicht über P.m.P. (Programm mit Pastor): Trecker fahren durch den Wald, Ausflüge zum Hohlen Stein oder zum Lörmecketurm mit Würstchen und Kartoffelsalat, eine Singerunde – oder einfach eine besinnliche Kerzenrunde für alle Konfessionen!

„Pastor“, wie er für die Kinder nur heißt, hat durch seine einzigartige – und manchmal auch eigenwillige – Art, die Lager für hunderte Kinder und Jugendliche in den letzten 58 Jahren zu etwas ganz Besonderem gemacht und viele Leben nachhaltig geprägt und beeinflusst.

 

Viktoria mit Herz e.V.: Juli 2020

Um das Lebenswerk des mittlerweile 85-jährigen Pfarrer Friedrich Enste i.R. noch viele Jahrzehnte fortzuführen, wurde am 01. Juli 2020 der Verein Viktoria mit Herz e.V. gegründet. Kinder und Jugendliche sollen noch lange die Möglichkeit haben, diese ganz besonderen Fahrten zu erleben.

Für viele Teilnehmer sind die Stadt Warstein, das Bilsteintal, das Haus Viktoria und der Wald ein zweites Zuhause geworden. Und die anderen Kinder und Jugendlichen, die Leiter und dieser einzigartige Zusammenhalt eine zweite Familie.

 

 

Rückblick Pfarrer i.R. Friedrich Enste

„Das Beste, was ich immer wieder neu erreicht habe, ist im Grunde doch die Ehrlichkeit. Ein Beispiel dazu: Da standen letztens Hustenbonbons, von denen ich gar nicht wusste, dass die geholt wurden. Da geht keiner einfach dran. Da lag ein Zettelchen bei: 3 Stück für 10 Cent. Nicht nur nehmen und ist mir egal – einfach dieses Verantwortlichsein. Das haben viele gelernt und auch weiter praktiziert.“

„Ich könnte das Spül-Gerät nicht bedienen – brauch ich auch nicht, ihr macht das ja alles. Jeder hilft mit, niemand nimmt sich raus.“

„Aufs Ganze gesehen auch dieses Vertrauen, auch bei den Eltern. Wenn ich sag’ „Kerzenrunde“, dann weiß man: Ich hab was damit vor. Die meisten sind positiv überrascht. Letztens war die Reaktion einer neuen Leiterin: „Mensch, sowas Tolles hab’ ich noch nie gehört!“ Da weiß man dann: Das ist echt.“

„Früher haben wir immer toll gesungen! Wir haben von Warstein bis Dortmund Lied für Lied gesungen ohne eins zu wiederholen. Die Fähigkeit ist jetzt leider nicht mehr so da, aber einige haben großes Potential! In meinen jungen Pastorenjahren sind wir auch in die Kliniken und Altenheime gegangen und haben “Weihnachtssingen” gemacht. Auch zu runden Geburtstagen sind wir oft gekommen und haben etwas gesungen.“

 „Wenn ein Lager gewesen ist, konnte ich danach mit den Kindern und Jugendlichen in der Gemeindearbeit ganz anders umgehen. Man kann spontan fragen, ob jemand Zeit hat zu helfen. Das war nie ein Problem – die Eltern wussten Bescheid. Es gibt ein Vertrauensverhältnis.“

„Die Kinder kommen teilweise von den Fahrten ganz anders zurück: Mit neuen Erfahrungen und neuem Halt, den sie in der Gemeinschaft mit den anderen Kindern und Jugendlichen gefunden haben.“